Ein ganz normaler Arbeitstag

080829_auftraegeEinige haben leider keine Ahnung was das heißt wenn ich arbeite. Sie haben auch kein Verständnis dafür das ich öfters länger arbeite und dann keine große Lust mehr auf irgendwelche Aktivitäten habe oder keine gute Laune mehr habe. Die wissen teilweise leider überhaupt nicht wie das in der freien Wirtschaft heutzutage aussieht.
Werfen wir einfach mal, völlig unvorbereitet, einen Blick auf meinen heutigen Arbeitstag (in der Frühschichtwoche):

05:58 Uhr
So, ich bin im Büro. Erstmal den Rechner starten und den Kalender umstellen. Dann mal den Schreibtisch überfliegen, scheint wenig am Freitag nach meinem Feierabend reingekommen zu sein. Ein Avis und eine Änderung bei der heutigen Anlieferung.
Ich habe Frühschicht, dadurch ist es in den ersten Stunden zum Glück noch ruhig.

06:04 Uhr
Nachdem der Rechner nach fünf Minuten hochgefahren ist und die allerwichtigsten Programme gestartet hat kontrolliere ich erstmal ob am Freitag Abend noch irgendjemand in einem Auftrag hängengeblieben ist. Das scheint wohl nicht der Fall zu sein, aber eine Palette scheint entweder nicht abgeschlossen zu sein oder der Auftrag ist noch nicht fertig. Warten wir mal ab.
Anschließend wird der Nahverkehr ausgebucht. Werfen wir danach mal einen Blick auf die noch nicht kommissionierten und auf die noch nicht bearbeiteten Aufträge. Letzteres sieht um die Uhrzeit natürlich immer gut aus, die erste Übertragung kommt ja auch erst um viertel nach 7 im System an. Ersteres geht heute auch, die Auftragsanzahl war auch schonmal höher.

06:20 Uhr
So, der Wareneingang ist mittlerweile auch entsprechend abgeändert. Die erste Anfrage aus dem Lager hatte ich auch schon.

06:30 Uhr
Oha, zwei Drums und drei Gafas haben sich erfolgreich der Verladung entzogen und sind von der Palette gehüpft. Erstmal neue Plätze für die Ersatzware raussuchen und buchen. Die spätere Dokumentation der Abweichung überlasse ich meinem Kollegen, der macht das (zwangsweise) so gerne.

06:40 Uhr
Der erste LKW zum anliefern hat sich schon gemeldet. Die Warenannahme ist aber erst ab 7 Uhr.

06:56 Uhr
Ihhh, ein LKW mit Ware aus Frankreich hat sich um 6:44 Uhr gemeldet. Jetzt ist er endlich papiermäßig fertig kontrolliert. Wahnsinn ist das, soviel Papier. Das andere Werk kommt mit 10% der Papieren aus, aber die hier…
Und dann fehlt laut Papieren auch noch eine Palette.

07:02 Uhr
Der Lieferscheindrucker läuft (wie immer um diese Zeit) an…
Ich kämpfe mich durch die Streckengeschäfte, die der Franzose mithat (in der entsprechenden Liste für die Abrechnung festhalten, speditionsmäßig erfassen etc.).

07:23 Uhr
Ich hab den Kaffee jetzt schon auf. Mittlerweile auch schon ’ne Diskussion mit dem Lager gehabt warum da so viel unsortiertes Papier beim Franzosen mit beiliegt. Das lag genauso wie ich das bekommen habe, also bitte nicht bei mir beschweren. Der Lieferscheindrucker scheint eine neue Origamitechnik erfunden zu haben, jedenfalls sieht der Papierstapel von weiten etwas merkwürdig aus, so wie er da im Drucker liegt.
Der Frühstückswagen war auch schon da. Ich mach mir jetzt erstmal einen Cappuccino (so steht es jedenfalls auf der Verpackung).

07:40 Uhr
So, der Cappuccino (schreibt man das wirklich so?) ist fertig, nachdem ich das Wasser zum zweiten mal heiß gemacht habe. Zwischendrin sind die Lieferscheine einsortiert (und teilweise in andere Relationen umgesetzt) und der dritte Wareneingang hier fertig gemacht worden. Fehlt nur noch einer und alle sind wieder gleichzeitig da.
Jetzt wird zum erstenmal heute (von noch unbekannten weiteren Zeitpunkten) disponiert und nebenbei gefrühstückt.

08:15 Uhr
So, Wareneingang Nr. 4 ist dann auch da. Nr. 5 kommt erst heute nachmittag spät.
Der Report über die Abweichungen in der letzten Woche ist auch raus (als Betrieb mit zertifiziertem QM muß man sowas führen, ein Kunde bekommt die Liste wöchentlich), ebenso eine Bestandsliste. Eigentlich wollte ich das alles um halb 7 schon wegschicken, ich hänge also mit den Sachen, die ich planen konnte, nur gute 1 1/2 Stunden hinter meinem persönlichen Zeitplan.
Ich bin trotzdem mittlerweile wieder ruhiger.

08:33 Uhr
So (nur um die gleiche Anfangsformulierung wie bei den anderen beiden vorherigen Zeiten zu haben 😉 ), ich kriege gleich was vorgepiept. Die Werkstatt löst einen Probealarm aus. Dann piept die Brandmeldezentrale hier wieder so fürchterlich.
Zwischenzeitlich das fertige Sammelgut vom LVS ins TD umgesetzt und scanfertig gemacht. Nebenbei auch noch zwei Nachfragen beantwortet.
Ich merke schon, ich kann hier nicht alles schreiben, besonders nicht zeitnah. Einiges wird dabei leider untergehen (wodurch Außenstehende wieder die falsche Frage stellen könnten: „Was, mehr macht der nicht?“).

09:00 Uhr
Verdächtig ruhig bisher. Zu wenig Aufträge bis jetzt. Noch kein Anruf von außerhalb.
Die Ruhe vor dem Sturm? Da kann noch einiges kommen. Dafür will ich immernoch wissen wann denn der Auftrag verladen wurde für den ich hier noch eine Reklamation offen habe. Ich liebe ältere Reklamationen, da darf man so oft zwischen dem Produktiv- und dem Archivsystem hin und herspringen.

09:20 Uhr
Und aus mit der Ruhe. Telefonanruf, bitte was einzulagern damit ein größerer Auftrag übertragen werden kann, gleichzeitig stand hier einer aus dem Lager ‚rum, die Spätschicht habe ich in den Augenwinkeln reinhuschen gesehen (eine Dreiviertelstunde zu früh), und ich habe den Auftrag und die Palette der Reklamation zuordnen können…
…aus August. 😯

09:40 Uhr
Reklamation fertig, E-Mail fertig, Anfragen aus dem Lager, zwei vier E-Mails warten auf mich und da sind Aufträge zum bearbeiten.

10:00 Uhr
(Theoretische) Halbzeit (zzgl. der Pausenzeit, die noch dazu kommt). Das Disponieren läuft jetzt immer mal wieder zwischendurch, ebenso die Besuche/Anrufe aus dem Lager bzw. Anrufe von draußen. Noch läufts rund. Mal sehen wie lange. Um 11 Uhr wird der Paketdienst disponiert und teilweise der Nahverkehr.

10:50 Uhr
Bis auf eine Sache habe ich alles etwas älteres nebenbei auch weggearbeitet bekommen. 🙂
Jetzt mache ich noch einen Dispodurchgang und dann ist ab 11 Uhr der Paketdienst dran.

11:40 Uhr
Die Aufträge für den Paketdienst sind fertig (natürlich nicht in einem durch fertig gemacht sondern mit Störungen zwischendrin). Im Lieferscheindrucker hat sich dadurch was angesammelt, das muß dann jetzt erstmal weg. Und vielleicht hat ein anderer Kunde seine Aufträge auch endlich übertragen…

12:20 Uhr
Super, da wurden bei einer Verladung mal eben drei Gafas gekegelt, irgendwas hing an der Palette, die darauf gestellt werden sollte. Sie waren mal rund, jetzt eher halbrund.
Und wieder einen großen Schwung Aufträge aus dem Drucker gefischt.
Der LKW 5 kommt doch nicht spät, er ist gerade schon gekommen.

13:00 Uhr
Für ein paar Aufträge habe ich jetzt fast eine halbe Stunde gebraucht. Alles nur weil ich nicht durcharbeiten konnte. Wie ich gerade lese gibt es seit halb 1 was zu essen, ein Kollege hatte Geburtstag. Ich habe auch schon einen Teller rüberbekommen weil ich noch nicht drüben war.
Erstmal essen (nicht in Ruhe, da kommt bestimmt noch einiges dazwischen).

13:30 Uhr
5 oder 6 Störungen waren das ungefähr. Jetzt bin ich wieder da, mal sehen was es jetzt neues gibt.

13:45 Uhr
Eine Retoure per Paketdienst. Da war mal was beschädigt, wurde umgefüllt und ist jetzt wieder da. Leider ohne Etiketten. Da stand ja auch nur drauf welches Produkt und welcher Vorgang, die braucht man ja nicht wieder zurück…
Storno hier, Aufträge da, den einen kriegt man nicht am Telefon, „Kannse mal eben“-Sachen noch so dabei, einfach nur herrlich.

14:10 Uhr
So, alle Expresse bearbeitet. Jetzt kann ich weiterarbeiten. Ist ja wieder genug im System.

14:20 Uhr
Hier wird wieder Unordnung reingebracht. Am Freitag wurden leere Paletten verladen, aber die Papiere sind nicht wieder zurück ins Büro gekommen. Super, jetzt werden sie (nicht von mir) gesucht.

14:30 Uhr
Eigentlich habe ich jetzt Feierabend…

14:40 Uhr
Es herrschte leichte Verwirrung weil 40 Fässer noch nicht eingelagert waren die ich am Freitag nachmittag freigegeben hatte. Die konnten auch nicht eingelagert werden weil sie nicht da sind. Sie sollten morgen kommen, wurden am Freitag aber storniert. Statt sie zu stornieren kam ich dann auf die Freigabe (nach 10 Stunden Arbeit kann sowas schonmal in Ausnahmefällen unter Umständen eventuell passieren…).

14:55 Uhr
Langsam kann ich keine Aufträge mehr sehen.
Wunderbar, wenn bei der Anlieferung was verbeult war, es auch gemeldet wurde, aber man dann nicht Bescheid sagt auf welcher Palette das war. Beim kommissionieren fehlt dann natürlich was. Und dann? Auftrag teilweise stornieren, Bestand korrigieren, neu disponieren.
Argh, habe ich „Auskunft“ auf der Stirn tätowiert? Warum werde ich gerade per mail gefragt ob eine Umfüllung aus einem Schaden umgefüllt wurde? Woher soll ich das jetzt wissen? Da gucke ich morgen nach, ich bin ja jetzt eigentlich garnicht mehr da. Und wenn man nur mich anmailt und nicht zusätzlich den Kollegen…

15:10 Uhr
Und die zweite Auskunftmail. Auch da Öffnen, lesen, schließen, für morgen als ungelesen markieren.
Noch 2 Chemieaufträge für morgen vorbereitet. Dann liegt hier noch ne Umlagerung zum wegbuchen und ein Wareneingangsavis zum fertigmachen. Aufträge hole ich heute nicht mehr raus.

15:17 Uhr
Kunden werden immer dann richtig aktiv wenn eine Frühschicht eigentlich gehen bzw. nicht mehr da sein sollte. 🙁 Ich sollte mir angewöhnen so spät nicht mehr ans Telefon zu gehen.

15:40 Uhr
Da konnten zwei Aufträge bei der Verladung nicht gescannt werden. Ein Auftrag ist gerade erst fertig geworden, der andere ist schon etwas merkwürdiger. Teilweise wurde er im LVS ausgebucht, teilweise ist er dort aber noch vorhanden, aber der VSE nicht zugeordnet. Die EDV-Abteilung guckt mal nach. Wieder etwas was den normalen Ablauf stört. Wie war das? Halb drei Feierabend?

16:14 Uhr
So, reicht für heute. Liegengeblieben ist

  • eine kleine Nachlieferung zu organisieren
  • eine Umlagerung für Mittwoch anzulegen
  • zwei Betriebsanweisungen zusammenzufassen und in ein neues Layout zu bringen
  • die Verladungen eines Kunden von letzter Woche abzurechnen (das wollte ich eigentlich auch heute morgen machen, habe es aber vergessen)

für morgen.
Der eine Auftrag von 15:40 Uhr hängt irgendwie, wir können ihn nicht mehr bearbeiten. Dann brauchen wir eben manuelle NVE’s aus der Dispo. Der Support des Systems ist schon angeschrieben worden. Dann ist da gerade eine mail reingekommen, dem Betreff nach geht es um die Rücksendung beschädigter Waren zu einem Kunden zum wiederaufbereiten. Die lese ich jetzt partout nicht mehr.*
Es reicht jetzt.

Damit schließe ich den heutigen Blog über meinen Arbeitstag, er war doch, auch wenn es zwischenzeitlich nicht danach aussah, ein ganz normaler Tag mit dem üblichen alltäglichen Wahnsinn. Man kann also auch von sowas bloggen, nicht nur von Parteitagen. 😉
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und die NRWSPD und die WebSozis wünschen Ihnen…
…ach ne, das war ja was anderes. :mrgreen:

* Ich habe die mail doch noch in der Vorschau gesehen. Wir brauchen keine Shipment-No. mehr zum liefern, wir sollen jetzt doch alles schicken was wir haben. Aber erst so ein Bohei darum machen das erst die Bestellung bei denen angelegt sein muß.
Aaaaaaaaah…

Der Beitrag wurde am Montag, den 13. Oktober 2008 veröffentlicht und wurde unter Arbeit und Privates mit den Tags , , , , , , , abgeheftet.
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2 Antworten auf “Ein ganz normaler Arbeitstag”

  1. NobbiNo Gravatar sagt:

    🙂 So einen Tagesablauf könnte ich eigentlich auch mal aufschreiben. Du beschreibst ganz gut, dass es im Logistikbereich äußerst abwechslungsreich (um nicht zu sagen hektisch) zugeht bzw. zugehen kann. „Normale“ Tage empfindet man dann geradezu als „komisch“ nach dem Motto: „Kann doch nicht, dass alles glatt läuft. Irgendwo muss da doch ein Haken sein…“

  2. AndresNo Gravatar sagt:

    Normale Tage gibt es nicht. Haken gibt es, so gesehen, eigentlich immer.
    Das ist auch eigentlich nicht wirklich schlecht, es ist abwechslungsreich. Und so ungern mache ich das noch nicht mal. Es ist besser als wenn man morgens anfängt und direkt schon weiß wie der Tag bis zum Feierabend sein wird, wo man sich von Pause zu Pause hangelt. Es müßte nur nicht immer so stressig sein. Genug Ressourcen würden für die Arbeit schon reichen, dann wären meine späteren Äußerungen nicht so gereizt gewesen.
    Seit dem Beitrag sind jetzt auch schon zwei Wochen vergangen, später ging es dann etwas besser. Und in der Spätschicht kann man zum Glück nicht so viele Überstunden machen wie in der Frühschichtwoche (wo man schlecht rauskommt).

    Ich habe am Freitag eine Postkarte mit einem Spruch in einem Café gesehen, das könnte unser Arbeitsmotto sein. Jedenfalls wurde heute mehrmals geschmunzelt als ich die Karte rumgezeigt habe.

    Hauptsache:
    Kein Tag wie der andere.

    🙂

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