Ein Jahr Goch – der Versuch einer kleinen Bilanz eines „Zugezogenen“

So, jetzt ist es schon ein Jahr her seit ich den Schritt gewagt habe von der Großstadt (Duisburg) aufs Land in eine Kleinstadt (Goch) zu ziehen. Bereut habe ich dieses bis jetzt noch nicht. Kein Thyssen mehr das man vom Fenster aus sieht, kein Dreck mehr von Thyssen, kein Lärm mehr von Thyssen, kein Autobahnlärm mehr, keine Duftschwaden der Brauerei mehr, kein dreckiger Stadtteil mehr, kein Sehen einer bestimmten, nicht integrierten, ausländischen Bevölkerungsgruppe mehr, kurz, alles das was Duisburg-Beeck im Duisburger Norden im Laufe der Jahrzehnte wurde, all das fehlt in Goch.

Zum Glück. 🙂

Ruhig, saubere Luft, saubere Stadt…
…einfach zum Wohlfühlen. Im Vergleich zu früher ist das wohnen hier quasi wie Urlaub. Wann konnte man sich früher schon nach der Arbeit auf den Balkon setzen, ohne Kinder auf dem Hof die außer schreien nichts anderes mehr können.

Ok, ein paar Merkwürdigkeiten gibt es schon. Der Arbeitsweg ist jetzt einen kleinen Tick länger. Ob ich 6 km zur Arbeit brauche oder ca. 60 km, beschweren brauche ich mich darüber nicht, das habe ich mir ja schließlich selber ausgesucht. Nur, warum schleicht der Gocher morgens mit 40 km/h über den Südring? Man könnte es eigentlich schaffen mit der grünen Welle durchzufahren, tatsächlich wollen aber wohl alle gerne an den Ampeln vor Kaufland und Lidl noch ein bißchen rumstehen. Steht man mal als erstes an so einer Ampel und fährt an glaubt man daß man bei rot losgefahren sei. Bis der nächste mal daran denkt zu schalten…

Wenn man in Goch parkt sollte man unbedingt Platz zu anderen Parkern lassen. Der Gocher kann nicht platzsparend parken. Wenn man so parkt wie es in der Großstadt üblich ist kann es passieren das man morgens plötzlich einen Zettel neben der Wohnungstüre hängen hat weil das Auto beim Ausparken angefahren wurde. Zum Glück war es nur der Nummernschildhalter.

Hier ist man noch bodenständig. Hier werden Schützenfeste und Karneval noch groß gefeiert. In den Zeiten liest man fast nichts anderes mehr in den Zeitungen. Am Volkstrauertag zieht der Rat der Stadt morgens (ok, vormittags) vom Markt zum Friedhof. Dann sollte man auf der Strecke besser nicht mehr schlafen, sonst wird man mit Pauken und Trompeten geweckt.

Kennen Sie Kränzen? Mit einem Kranz hat das jedenfalls nichts zu tun.
Wenn etwas besonderes ansteht, ein Jubiläum, runder Geburtstag oder Hochzeit, treffen sich Nachbarn zum kränzen. Dabei wird eine vorgefertigte Girlande aus Tannenzweigen über die Tür gehängt und mit Papierblumen verziert. Den Rest der Zeit steht man zusammen und trinkt. Und weil das so schön ist trifft man sich später nochmal, zum Abkränzen. Was da wohl gemacht wird…
Was hier auch passieren kann ist das Anstoßen mit Wein auf ein neu geborenes Fohlen. Wo hat man sowas schon.

Wo man hier aber langsam ist, ist das Ausbauen von Straßen. Direkt vor der Haustür wurde irgendwann eine Baustelle eingerichtet, man kam fast nicht mehr in seine Wohnung. Keine Ahnung warum und weshalb. Nach knapp einer Woche hing dann ein Brief von der Stadt im Hausflur, die Straße wird endgültig hergerichtet. Wirklich eine frühe Information.
Naja, jedenfalls war die Baugrube relativ schnell wieder verschwunden und die komplette Straße eine Schotterstrecke. Dann tat sich nichts. Dann war wieder eine Baugrube da, diesesmal konnte man irgendwelche Leitungen am Boden erkennen. Dann wurde ein Tag das Wasser abgestellt. Das die Wasserleitung ebenfalls erneuert werden sollte konnte man einige Monate vorher vom Elektriker erfahren der die Hauptsicherung erneuerte. In dem Schreiben stand davon nichts. Irgendwann kam ein ausgefräster Graben von der Straße zur Garage dazu. In der Garage stehen normalerweise die Fahrräder, die standen plötzlich neben der Tür weil man nicht mehr an die Garage kam. Also mußte man noch sehen daß man das Fahrrad irgendwo unterstellen kann damit es nicht geklaut wird (wer mal in der Großstadt gewohnt hat wird sehr mißtrauisch). Der Graben verschwand schnell wieder, irgendwann verschwand auch die Baugrube wieder. Nach zwei Monaten hat man dann doch mal langsam angefangen die Randsteine zu setzen, vielleicht ist der Belag dann in 1 ½ Monaten fertig, wer weiß das schon. Es wird ja nur die Straße hergerichtet.
Straßen neu bauen geht schneller. In einem Neubaugebiet hat das weniger lange gedauert als das jetzt.

Was auch immer man für Erfahrungen als Zugezogener gemacht hat, die Entscheidung hier herzuziehen war definitiv richtig.
Hier fühle ich mich wohl, hier kriegt mich keiner mehr so schnell weg.

Der Beitrag wurde am Sonntag, den 9. Juli 2006 veröffentlicht und wurde unter Goch mit den Tags , , , , abgeheftet.
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